Brücken verbinden

Bericht von der Föderationstagung in Innsbruck

Der Föderationsrat tagte in diesem Jahr vom 1. bis 5. Oktober 2019 im Mutterhaus in Innsbruck; es war die 49. Jahrestagung. Das Thema war „Brücken verbinden“. Innsbruck trägt im Namen schon den Hinweis, dass sie eine Stadt der Brücken ist, deshalb bot sich dieses Thema an, und es war faszinierend zu sehen, wie viele Parallelen das Bild der Brücke zum geistlichen und gemeinschaftlichen Leben bietet. Als Referent konnte Dr. Markus Illmer gewonnen werden, der Architekt, Philosoph und Theologe ist. Die Moderation der Tagung lag bei Frau Katrin Geiger, einer Diplom-Theologin, die Mitarbeiterin im Haus Marillac ist, in dem die Tagung stattfand.

Der erste Tag der Föderationstagung war der Mitgliederversammlung vorbehalten, in der es zunächst um den Jahresbericht der Vorsitzenden, Sr. M. Teresa Slaby ging, aber auch um die Berichte der einzelnen Arbeitsgruppen, die schon im Vorfeld den Generaloberinnen zugeschickt worden waren. Nach Vorstellung des Jahresabschlusses, des Haushaltsplans für 2020 und der Bilanz durch Sr. Maria Martha und nach der Prüfung durch die Kassenprüferinnen wurde Sr. Maria Martha als Ökonomin entlastet. Auch der Vorstand wurde vom Föderationsrat entlastet, der sich für die Arbeit der Vorsitzenden bedankte.

Die Überlegungen und der gemeinsame Austausch bewegten sich vor allem um das Thema alternde und dadurch rasch kleiner werdende Gemeinschaften, die nicht mehr in der Lage sind, Verantwortliche bzw. Oberinnen für die Konvente zu finden oder auch Ämter in der Ordensleitung mit Schwestern besetzen zu können. Dies ist für viele Gemeinschaften eine ganz große Not, die deutlich spürbar wurde und die es notwendig macht, gemeinsam zu überlegen, wie mit dieser Situation umgegangen werden kann. Aufgrund dieser bedrängenden Not wurde der Vorschlag gemacht, dass es im Frühjahr ein erstes Treffen geben soll in der Form eines „Open Space“, um einmal Themen und Ideen zu sammeln, die damit zusammenhängen, um dann in kleineren Gruppen gezielter an den einzelnen Fragestellungen weiterzuarbeiten. Zu dieser „Spinner- und Spielerrunde“ sollen möglichst Schwestern und Personen aus ganz unterschiedlichen Bereichen und Generationen eingeladen werden.

Ein weiterer Schwerpunkt des Austausches galt den Überlegungen der Arbeitsgruppe „Struktur“, die von der letztjährigen Föderationstagung beauftragt worden war, zu schauen, wie die Statuten und die neue Satzung des Vereins besser aufeinander abgestimmt werden können. Diese Arbeitsgruppe steööte ihre Bestandsaufnahme vor und wurde nun beauftragt, mit externer Begleitung weiterzuarbeiten und beim Treffen der Generaloberinnen das Zwischenergebnis vorzustellen.

Ein weiteres Thema war die Internationalität, zu der es einmal eine Arbeitsgruppe gegeben hat, deren Aktivität jedoch seit längerer Zeit ruht. Die Realität ist, dass die Föderation und der Föderationsrat international zusammengesetzt ist und deshalb bedacht werden muss, was es braucht, damit alle sich gehört und geschätzt fühlen und sich auch einbringen können. Zur Föderation gehören außer den deutschsprachigen Gemeinschaften die Schwestern in Korea und Indien und über die Gemeinschaften in Untermarchtal, Innsbruck, Hildesheim und Zams gehören auch Schwestern in Tansania, Äthiopien und Peru dazu; nicht zu vergessen die Schwestern in Straßburg, von denen ja alle deutschsprachigen vinzentinischen Gemeinschaften gegründet wurden. In den letzten Jahren wurde versucht, diese Internationalität insofern zu beachten, indem die Protokolle und Berichte der Arbeitsgruppen auch ins Englische übersetzt wurden. Auch die Newsletter und Rundbriefe, die während des Jahres versandt wurden, wurden in Deutsch und Englisch verschickt. Dankbar wurde anerkannt, dass die Generaloberin von Korea, Sr. Beatrix, jedes Jahr mit zwei weiteren Schwestern bei der Föderationstagung vertreten ist. Dieses Jahr war es der Generaloberin von Indien, Sr. Ancita, leider nicht möglich, dabei zu sein. Sie wurde von zwei Schwestern, die hier in Deutschland leben, vertreten. Allen Anwesenden war bewusst, dass wir im Blick auf die Internationalität noch mehr auf die dadurch gegebenen Herausforderungen eingehen müssen. Inzwischen zeigen sich auch in diesen Gemeinschaften ähnliche Entwicklungen und Problemstellungen wie in unseren europäischen Gemeinschaften.

Der zweite Tag der Föderationstagung war ganz dem Thema „Brücken verbinden“ und den Ausführungen von Dr. Illmer gewidmet. Seine Gedanken zum Thema waren theologischer und philosophischer Natur und kamen aus einem tiefgläubigen Herzen. Es war spürbar, mit welcher Leidenschaft er seinen Glauben bezeugt. Es war faszinierend, wie er das Bild der Brücke übertragen konnte auf das Leben des Menschen mit Gott und der Menschen untereinander. Jede Brücke hat zwei Seiten, über die sich der Bogen der Brücke spannt. Der Mensch ist ein Brückenpfeiler und Gott ist der andere, der sich zum Menschen hin öffnet und hinüberspannt. Kommunikation, Menschwerdung ist dabei das, was uns von Gott entgegenkommt, der darauf wartet, dass er an unserer Seite ankommen kann, dass wir sein Entgegenkommen aufgreifen. So geschieht Begegnung zwischen Gott und Mensch, aber auch zwischen den Menschen. Jede Brücke ist Begegnung und jede Brücke verbindet Gegensätze. Die Spannkraft, die die Brücke braucht, um stabil und tragfähig zu sein, zieht nach oben und hebt die Schwere dadurch auf. Die Schwere überwindet sich in der Brücke selbst. Begegnung zwischen Menschen, Kulturen und Religionen braucht immer einerseits die Offenheit und andererseits die Stabilität im Eigenen. Dann kann Spannkraft entstehen, die verbindet und die Schwere überwindet. Die Schwere wird dann zur Kraft, die nach oben stemmen und tragen kann. Dies gilt auch in den alltäglichen Begegnungen in unseren Gemeinschaften.

Begegnung und Kommunikation entfalten sich jeweils aus der Liebe, die sich im Tun füreinander zeigt. Von daher waren die Gedanken von Dr. Illmer ganz nahe an unserer vinzentinischen Spiritualität und sehr bereichernd für uns. Sie haben uns bestärkt in unserem Charisma und ermutigt, die Freude an unserer vinzentinischen Berufung mit neuer Kraft und neuem Schwung zu leben.

Der Freitagvormittag war nochmals dem Austausch über verschiedene Themen gewidmet, während am Nachmittag Kulturelles auf dem Programm stand. Sr. Pauline und ihre Mitschwestern haben uns an wichtige und interessante Orte in Innsbruck geführt und uns nach dem gemeinsamen Abendessen in der Stadt mit einer Nachtwächterführung überrascht. Für uns alle waren es gefüllte, bereichernde und wertvolle Tage, bei denen wir Geschwisterlichkeit und Vertrauen untereinander erfahren durften. Unser aller Dank gilt Sr. Pauline und den Schwestern des Mutterhauses in Innsbruck! Vergelt’s Gott! Dankeschön! Mille grazie! Merci beaucoup! Thank you very much!

Sr. M. Karin Weber, Föderationsreferentin

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