SPOTLIGHT: Wien - Schwester Phionah

Schwester Phionah (28) stammt aus Westuganda und ist Novizin bei den Barmherzigen Schwestern in Wien. Im Interview erzählt sie von ihrem Weg, den kulturellen Unterschieden und den Freuden und Herausforderungen, die sie erlebt.

Sr. Phionah ist 28 Jahre jung und stammt aus Mitooma, Westuganda. Sie trat 2015 erstmals mit den Barmherzigen Schwestern in Kontakt. Ihre Sehnsucht, Gott ihr Leben zu widmen und vor allem den armen Menschen zu dienen, bestand seit jungen Jahren. Vor ihrem Eintritt konnte sie Österreich und die Schwesterngemeinschaft zwei Mal besuchen um vor allem das Ordenscharimsa und dessen praktische Umsetzung näher kennenzulernen. 2021 folgte der Eintritt ins Postulat. Im Juni 2022 wurde sie ins Noviziat aufgenommen.

 

• WIE BIST DU DAZU GEKOMMEN ORDENSFRAU ZU WERDEN?

Bereits als ich noch sehr jung war, lernte ich in meiner Pfarrgemeinde die Schwestern von Fatima kennen. Sie haben mich nicht nur unterrichtet, sondern auch dazu inspiriert, Gott zu dienen. Es wurde ein immer tieferer Wunsch von mir, Schwester zu werden. Nach meiner Ausbildung zur Sekretärin bin ich für eine Anstellung nach Kabale an die St. Konrad Schule gekommen. Dort wurde mir meine Berufung immer klarer.

 

• UND WARUM HAST DU DICH FÜR DIE ORDENSGEMEINSCHAFT DER BARMHERZIGEN SCHWESTERN ENTSCHIEDEN?

In der St. Konrad Schule habe ich Sr. Anitah kennengelernt, die bereits Barmherzige Schwester war. Durch das Gespräch mit ihr erfuhr ich einiges über die Ordensgemeinschaft. Die Spiritualität der Gemeinschaft hat mir sofort gefallen. Vor allem mit den armen Menschen zu arbeiten und ihnen zu dienen. Die Barmherzigen Schwestern behandeln die Armen mit Liebe und Respekt. Das gab und gibt mir Hoffnung, Freude und Motivation. Wie Vinzenz sagt, wir dienen den Menschen aber in den Menschen finden wir auch Jesus.

 

• DU KOMMST AUS UGANDA, HAST DU DICH BEREITS GUT IN ÖSTERREICH EINLEBEN KÖNNEN?

Die Kultur kennenzulernen inklusive der Sprache ist ein andauernder Prozess. Man muss immer dazulernen und sich selbst verbessern. Natürlich vermisse ich vieles aus meiner Heimat Uganda, wie z.B. das Essen, auch manchmal das Wetter (wir haben keinen Winter oder sogar Schnee).

Was ich an Österreich sehr gut finde, ist die „Ordentlichkeit“ in dem Land, es ist auch sehr ruhig hier. Ich schätze auch die große Gastfreundschaft. Die gute Entwicklung des Landes gefällt mir gut, sei es die Infrastruktur, die Möglichkeit einer Versicherung, das Gesundheitswesen und vieles mehr.

 

• WELCHE UNTERSCHIEDE SIEHST DU IM (KIRCHLICHEN) ALLTAG zwischen ÖSTERREICH UND UGANDA?

Wenn ich mir den Ablauf der Messe ansehe, ist dieser grundsätzlich gleich mit dem in Uganda. Es sind jedoch viel mehr MessbesucherInnen in Uganda, unter ihnen auch deutlich mehr junge Menschen und Kinder. Es gibt während einer Messe auch immer viel Bewegung und traditionelle Musik. In Österreich ist es da schon etwas ruhiger.

 

In Österreich hat z.B. auch die Pünktlichkeit große Priorität, es ist sehr strikt. In Uganda herrscht „afrikanische Zeit“, Zeit ist relativ.

 

In Uganda ist man sehr kontaktfreudig, hier habe ich bemerkt, dass man mehr „für sich“ ist. Das Miteinander in Uganda findet immer statt, egal ob auf der Straße oder der Nachbarschaft, deswegen bin ich sehr überrascht gewesen, dass manche Menschen in Österreich ihre Nachbarn kaum kennen oder mit ihnen reden.

 

Einen großen Unterschied sehe ich auch in der Auffassung von Armut. In Uganda muss Armut anders verstanden werden. Ein armer Mensch hat dort weder Geld, Essen, Schlafplatz oder Kleidung, er hat kein System das ihn unterstützt. In Österreich werden die von Armut Betroffenen oftmals von der Regierung, Caritas und anderen NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen, Anm. d. Redaktion) unterstützt. In Uganda muss man selbst verdienen und es gibt kaum Unterstützung für die sehr vielen Menschen in Uganda, vor allem in den großen Städten. Geistliche Armut ist auch sehr weit verbreitet, wobei dies auch auf Österreich zutrifft.

 

• WIE SCHAUT DEIN TAGESABLAUF (in Ö) AUS / WELCHE AUFGABEN HAST DU IN DER GEMEINSCHAFT?

Wir haben einen gut strukturierten Tagesablauf. Um 5:00 Uhr stehen wir auf. Um 05:30 Uhr ist Betrachtung, um 06:00 Uhr Laudes, anschließend um 06:30 Uhr feiern wir die tägliche Heilige Messe.

 

Da mein kanonisches Jahr erst beginnt, helfe ich derzeit am Vormittag und Nachmittag in der Hausarbeit und im Sakristeidienst mit, hier lerne ich vor allem viel über die Messvorbereitungen. Auch im Refektorium unterstütze ich meine Mitschwestern wie z.B. beim Tisch decken und Abwaschen. Um 11:30 Uhr haben wir Mittagsgebet mit anschließendem gemeinsamen Mittagessen. Eine Stunde am Nachmittag ist für die eigene Freizeit reserviert.

 

Gegen 14:00 Uhr habe ich Geistliche Lesung mit meiner Noviziatsleiterin.

Um 16.00 Uhr ist Anbetung, dann folgt um 16:30 die Vesper, anschließend beten wir um 17:00 Uhr den Rosenkranz.

Der Tag schließt mit dem gemeinsamen Abendessen bzw. mit der Komplet.

 

• WAS FÄLLT DIR BESONDERS „LEICHT“ AM ORDENSLEBEN?

Das tägliche und regelmäßige Gebet ist besonders wichtig für mich. Ich bin über die besondere und nahe Beziehung zu Gott froh und dankbar, vor allem wenn ich in Anbetung gehe oder die Sakramente empfange. Es ist sehr schön, dass wir in der Gemeinschaft viel Liebe und Freude erfahren dürfen. Ich bin außerdem sehr dankbar über das Wachstum meiner eigenen Spiritualität.

 

• WAS FÄLLT DIR BESONDERS „SCHWER“ AM ORDENSLEBEN?

Das frühe Aufstehen ist nicht immer leicht. Das fixe tägliche Programm ist manchmal auch herausfordernd. Auch dass man nicht spontan tun / machen kann, was man vielleicht gerade tun möchte. Gewisse Freiheiten hat man nicht, dafür gewinnt man aber andere Freiheiten …

Die deutsche Sprache ist manchmal sehr schwer. Vor allem merke ich dies, wenn ich z.B. das Brevier bete oder komplizierte biblische Texte lese.

 

• WAS MÖCHTEST DU JUNGEN MENSCHEN AUF DEN WEG MITGEBEN, DIE INTERESSE AM ORDENSBERUF HABEN?

Sie sollen auf Gottes Wort hören und IHM nachfolgen. Ein Wort der hl. Louise hat mich immer bestärkt, und ich würde es auch anderen empfehlen: „Geh mutig von Augenblick zu Augenblick auf dem Weg, auf den Gott dich gestellt hat, um zu ihm zu gelangen.“

 

www.barmherzigeschwestern-wien.at

 

 

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